Mein Mann, der Krümel-Terminator
Ja, ich habe einen echten Action-Helden zu Hause. Und er ist fast jeden Tag in Aktion im Kampf gegen die allgegenwärtigen Fusseln und Krümel, die sich bei uns zu Hause vermehren wie die Tribbles.
Den Staubsauger im Anschlag wie Arnie in "Terminator" sein MG, macht mein Mann im Namen der Hygiene alles platt, was seiner Meinung nach bei uns nichts zu suchen hat.
Da hat er eine Menge zu tun.
Es ist ja nicht so, dass ich nur unsere Küche verwüste. Oh nein! Ich krümle ständig vor mich hin wenn ich Kekse mampfe. Beim Nüsse knabbern geht schon mal die eine oder andere verloren und wenn ich Brot backe ...
Oh ja, Brot backen bietet ein ganz besonderes Potential. Das Mehl staubt, Nüsse, Körner und getrocknete Kräuter gehen eigene Wege und auch der fertig geknetete Teig taucht immer wieder an Orten auf, wo man ihn nicht erwartet.
Mein Mann ist also immer im Einsatz.
Der Staubsauger ist sein Lieblingsspielzeug und seine wunderbare Waffe im Kampf gegen das Chaos, für welches natürlich ausschließlich ich verantwortlich bin. Wer denn sonst?
Ich gebe mir aber auch ordentlich Mühe. Schließlich weiß ich aus Erfahrung, und weil ich so gerne Action-Filme gucke – die sind einfach perfekt, um einfach mal das Gehirn auszulüften – was alles so passieren kann, wenn ein Action-Held anfängt sich zu langweilen.
Dieses Risiko will ich auf keinen Fall eingehen. Also gebe ich alles, um
das Prinzip des Chaos walten zu lassen und die Rolle des Bösewichts
zu übernehmen. Oder müsste es Bösewichtin heißen? Gibt es so
etwas überhaupt? Oder wie werden fiese Frauen bezeichnet, deren
oberstes Ziel es ist, den Action-Helden ordentlich auf Trab und die
Spannung hoch zu halten?
Vielleicht sollte ich zu dieser Problematik Onkel Google befragen.
Möglicherweise finde ich dann auch noch ein paar Tipps um künftig
noch effektiver und effizienter krümeln zu können.
Mein Mann und der Staubsauger wollen schließlich beschäftigt sein.
Das Kartoffel-Schaf
Mein Mann erwartet inzwischen von mir, dass
ich zu allem Möglichen und Unmöglichen
eine Geschichte schreibe. Er ruft dann immer
laut "Geschichte", wenn uns mal wieder
irgend etwas Blödsinniges passiert ist.
Damit geht er mir manchmal ganz schön auf
den Keks. Manchmal, aber nicht immer.
Denn ab und zu hat er Recht, finde ich.
Manche Dinge sind so komplett bescheuert,
dass ich einfach darüber schreiben muss.
Mit einer Begebenheit liegt er mir schon seit
einiger Zeit in den Ohren, so dass ich jetzt
mal nachgebe, ihm den Gefallen tue und
darüber schreibe.
Es fing damit an, dass mein Mann das
"Murksbuch 2.0" Korrektur lesen sollte, bevor
es online geht. Das ist ja schon ein Weilchen her, aber der Schreibfehler, den er glaubte
entdeckt zu haben, beschäftigt ihn offenbar immer noch.
Eine Rezeptüberschrift lautete nämlich nicht "Flammkuchen", so wie sich das gehört, sondern
"Lammkuchen".
Mein Mann lachte sich kaputt und fand das so komisch, dass er nicht abwarten konnte, bis
ich aus der Dusche komme, um mir den Schreibfehler unter die Nase zu reiben, sondern
damit ins Badezimmer platzte. Und dann handelte es sich noch nicht einmal um einen
Verschreiber, sondern um einen Fehler in der Grafik. Da sich im "Murksbuch 2.0" Fotos mit
Textfeldern abwechseln, kam es zu einer Überlagerung. Das "F" war schon noch da, es war
nur nicht zu sehen. Das ist meinem Mann aber egal. Seit einer gefühlten Ewigkeit kichert er
vor sich hin und zieht mich mit dem Lammkuchen auf. Jetzt ist damit aber Schluss. Dem werde
ich es zeigen. Ich habe nämlich eine Idee ...
Den blöden Fehler hatte ich in meinem Hinterkopf abgelegt, irgendwo dort wo ich vermute,
dass der Säbelzahntiger wohnt. Ich hoffte, er würde ihn finden, verspeisen, verdauen und
anschließend eine Idee ausscheiden. Mein Plan ist aufgegangen. Allerdings brockt der
Säbelzahntiger mir damit eine Arbeit ein, die ich gar nicht leiden kann: nämlich Kartoffeln
schälen. Eigentlich mag ich ja Kartoffelgerichte. Allerdings um so mehr wenn ich mit den
Kartoffeln nicht mehr zu tun habe, als sie zu essen. Aber, wie meine Oma immer sagte:
"Wat mutt, dat mutt." – da muss ich jetzt durch. Dabei habe ich keine Ahnung, wie und ob
das überhaupt funktionieren wird: Flammkuchen mit Kartoffeln, Gurken, Zwiebeln und
Schnittlauch. Nun ja, wir werden sehen. Das wird wieder mal ein Murks!
Und weil ich aus den Kartoffeln mit einem Keksausstecher Schafe ausstechen will, wird er
"Lammkuchen" * heißen. Hoffentlich bekomme ich Kartoffeln, die groß genug dafür sind.
So, jetzt gehe ich zu meinem Mann und strecke ihm die Zunge raus ...
Mein wunderbarer Schaumschläger
Bis vor kurzem hatten wir einen Kaffee-Vollautomaten. Ich nannte das Ding immer den
Kaffee-Computer, weil das Teil auf Knopfdruck entweder Kaffee oder Espresso oder
Cappuccino usw. produzieren sollte. Die Betonung liegt auf "sollte", denn irgendwann hat
das nicht mehr richtig funktioniert. Der Schaum für Cappuccino oder Latte Macchiato wurde
einfach nichts mehr. Also haben wir ein Gerät zum Milchaufschäumen angeschafft. Das war
idiotensicher. Damit habe sogar ich Schaum hinbekommen.
Mein Mann berichtete mir, dass in einschlägigen Internet-Foren zum Thema Kaffee der damit
hergestellte Schaum, abfällig als Bauschaum bezeichnet würde. In Italien, wo der beste
Kaffee zubereitet werden würde, gäbe es so etwas nicht. Richtig guter Schaum wird nicht
durch umrühren produziert, sondern durch Wasserdampf erzeugt. Zu diesem Zeitpunkt ahnte
ich noch nicht, wo das hinführen würde.
Es dauerte aber nicht lange, bis ich aufgrund der sich häufenden Erwähnungen der Begriffe
"Kaffee-Forum", "Espresso", "Barista", "Mahlgrad", "tampern" usw. Verdacht zu schöpfen
begann. Und richtig – mein Mann trug den Wunsch an mich heran, unseren Kaffee-Computer
zu verkaufen und statt dessen eine Barista-Maschine anzuschaffen. Er hätte da auch schon
eine von einer relativ neuen kleinen Firma im Auge. Und der Vorteil wäre außerdem, dass
wir sie direkt beim Hersteller abholen könnten, weil die Produktionsstätte sich in einem
unserer Nachbarorte befindet.
Nach kurzen Verhandlungen brachen wir also auf, um unsere Dampfmaschine abzuholen.
Die nächsten Wochen verbrachte mein Mann damit, am Rad zu drehen – am Rad der
Kaffeemühle, um die richtige Einstellung des Mahlgrades zu ermitteln. Denn was nützt die
tollste Barista-Maschine wenn der Kaffee nicht erst kurz vor dem Aufbrühen frisch gemahlen
wird ... Dummerweise ist jede Kaffeesorte anders, so dass es eine ganze Weile dauerte, bis
mein Mann mit dem Ergebnis zufrieden war.
Auch das Tampern ist nicht ohne. Ich habe es ausprobiert und mich gewundert, wo das
Kaffeemehl hin ist, denn der Siebträger war plötzlich leer. Ich hatte zu viel Kraft aufgewendet
und das ganze Zeug pappte - in Form gepresst - am Pressstempel.
Da lass´ ich lieber meinen Mann den Kaffee zubereiten.
Und weil unser Maschinchen eine fortlaufende Herstellungsnummer
trägt und tatsächlich wie eine Dampflokomotive schnauft, nennen
wir sie die 612 und ich bestelle bei meinem Mann Kesselwasser
wenn ich einen Espresso trinken möchte - oder Kesselwasser mit
Schaum, wenn es ein Latte Macchiato sein soll.
Und weil ich seit Jahrzehnten Kaffee-Junkie bin, hat er ordentlich
zu tun. Da hat er keine Zeit auf dumme Gedanken zu kommen
und kann sich außerdem unentbehrlich fühlen
- eine klassische Win-Win-Situation.
Warum ich es gerne bequem habe und trotzdem
gerne unbequem bin
Ich gestehe: ich bin eine faule Socke und mache es
mir gerne einfach. Kompliziert ist mir zu anstrengend
wenn es um die Nahrungsmittelzubereitung geht.
Das sollen mal andere machen, in schicken
Restaurants zum Beispiel. Das gönne ich mir dann,
wenn ich der Meinung bin, mal etwas Zaster für
Luxus ausgeben zu müssen.
Dann setze ich mich an einen Tisch mit einer
gestärkten weißen Tischdecke und bestelle mir etwas,
was ich nie im Leben selbst zubereiten würde, weil
mir der Aufwand zu hoch ist. Wenn es serviert wird,
falle ich darüber her und kleckere was das Zeug hält
– die Wäschereikosten sind schließlich im Preis
enthalten. Oder etwa nicht?
Na gut, ganz so läuft es nicht ab. Für´s Kleckern ist mein Mann zuständig. Den nehme ich
natürlich mit, sonst macht mir die ganze Chose keinen Spaß. Und wenn ich ehrlich bin, habe
ich es auch nicht so mit gestärkten Tischdecken. Lokalitäten, in denen man solche vorfindet,
sind meistens sehr teuer und die Portionen sind winzig. Ob das mit Molekularküche gemeint
ist? Aber vielleicht habe ich da auch etwas falsch verstanden ...
Tatsache ist, eigentlich mögen mein Mann und ich es eher bodenständig. Rustikal möchte ich
nicht sagen, das hat so einen unangenehmen Beigeschmack. Ich muss dann gleich an
Landhausmöbel im Stil von dunkel gebeizter Eiche (Eiche brutal) denken. Das fand ich schon
gruselig, als es noch modern war, was ja auch schon einige Jahre her ist. Aber darüber rede
ich jetzt nicht, weil ich ich mir dann alt vorkomme.
Obwohl ... wenn ich darüber nachdenke, vielleicht hat das mit der Bequemlichkeit ja etwas
mit dem Alter zu tun. Als ich jünger war, war ich nur unbequem. Warum weiß ich selbst nicht,
wahrscheinlich aus Protest. Oder aus "Daffke", wie man in Berlin sagt. Oder sagte? Wer redet
denn heute noch so? Das Wort "Knorke" kennt ja auch keiner mehr. Verdammt, bin ich ´ne
alte Schachtel. Aber zurück zur Bequemlichkeit.
Es steigert doch erheblich die Lebensqualität, sich leckeres Essen vorsetzen zu lassen. Man
muss vorher nicht einkaufen gehen, steht nicht stundenlang in der Küche und in wenigen
Minuten ist alles aufgegessen. Dann folgt der Abwasch und die anderen Aufräumarbeiten.
Zugegeben, die habe ich erfolgreich an meinen Mann delegiert. Putzen kann er. Auch wenn
er manchmal nicht ganz so sauberes Geschirr in den Schrank räumt. Dabei habe ich ihm
schon zig Mal gesagt, er soll seine Lesebrille aufsetzen. Aber dafür ist er zu bequem, der alte
Sack.
Männer
Das kann ja mal passieren, wenn man im Stress ist. Freud´sche Fehlleistungen passieren mir
auch. Dann rede ich auch ganz schönen Quatsch. Aber bei meinem Mann ist das an der
Tagesordnung. Sogar in Situationen, in denen er gar keinen Stress haben kann, also alles schön
entspannt und gemütlich angehen könnte. So sehe ich das jedenfalls. Wenn er aber tatsächlich
einer anderen Spezies angehört ... Nun ja, dann ist das vielleicht genetisch vorprogrammiert
und ich werde wohl demnächst ein Wörterbuch "Gino – Deutsch / Deutsch – Gino" für den
Hausgebrauch verfassen.
Leider ist das nicht alles. Mein Mann ändert auch ständig seine Meinung. Dann sagt er, sein
Geschwätz von gestern interessiere ihn nicht. Heute wisse er es besser. Oh, Mann!
Gefühlt ist er wie drei verschiedene Geschöpfe: mein Mann – natürlich, aber gleichzeitig auch
noch mein Kind und mein Haustier. Er steht mir nämlich ständig im Weg, stellt Forderungen an
mich, will gefüttert werden, er haart ... Okay, das mit dem Haare verlieren ist irgendwann
vorbei. Aber wenn er erst mal kahl ist, will er bestimmt, dass ich seine Platte poliere – ich
kenn´den doch.
Trotz allem, haben wir aber auch eine Menge Gemeinsamkeiten. Unter anderem funktionieren
wir beide nicht ohne unseren morgendlichen Kaffee. Bei meinem Mann muss es sogar richtig
starker Espresso sein. Darüber hinaus ist so ein Mann eigentlich auch ganz praktisch.
Voraussetzung ist, dass ihm klare und eindeutige Anweisungen erteilt werden. Zumindest bei
meinem Exemplar ist das so. Bestimmte Dinge kann ich einfach nicht selber machen, weil mir
die Kraft fehlt. Das Schlafsofa hätte ich zum Beispiel nicht anheben und die Maus aus dem
Bettkasten, in dem sie sich verkrochen hatte, heraus schütteln können - aber das ist eine
andere Geschichte.
Und wenn ich neben der Entwicklung neuer Rezepte meinen Murks auch noch selbst
fotografieren müsste, wäre das Essen kalt, bevor es auf den Tisch kommt.
Meine Freundin das Küken hat wohl Recht, wenn sie sagt, wir hätten Glück mit unseren
Männern.
Ja, ich bin überzeugt, wir hätten es wirklich schlimmer treffen können.
Illustration unter Verwendung eines Fotos von: Sandra Gabriel/Pixabay
Männer... Manchmal bin ich der festen Überzeugung, es handelt sich hierbei um eine eigenständige Spezies. Männer weisen so bizarre Verhaltensmuster auf.
Wenn ich da an meinen denke ...
Der Kerl bringt es fertig, eine Stunde lang um einen
einzigen Baum herum zu kriechen und zu fotografieren.
Was macht der da so lange? Ich weiß es nicht. Und ich glaube, ich werde es auch nie herausfinden.
Ich ticke einfach anders, bin viel pragmatischer als er, der immer irgendwie um die Ecke denkt und alles komplizierter macht, als es wirklich ist.
Seltsamerweise behauptet er das Gleiche von mir.
Und wie er manchmal redet. Da brauche ich ein
Wörterbuch. Er sagt irgendetwas, benennt einen
Gegenstand und meint aber eigentlich etwas ganz
anderes.
Mission Wuschelbirne
Es wird Frühling – endlich! Ich habe keine Lust mehr auf Stiefel und dicke Jacken!
Ich will Ballast abwerfen! Und da ich die warmen Klamotten noch brauche, weil es morgens
noch ganz schön kalt ist, fange ich mit meinen Haaren an. Die Wolle muss ab! Ich sehe ja
schon aus wie der Yeti. Außerdem zieht mein Mann mich ständig auf und sagt, ich würde
aussehen, als hätte ich eine russische Pelzmütze auf dem Kopf - wie Gorbatschow.
Also zeige ich meiner Friseurin einen meiner Emoji-Köpfe, damit sie weiß, wie ich künftig
(wieder) aussehen möchte.
Nach einer kurzen Manöverbesprechung schreitet sie zur Tat und ich fühle mich viel leichter.
Mein Mann guckt traurig, er mag es, wenn meine Haare länger sind als seine. Schüchtern
fragt er, ob das ein Pixie-Cut wäre. Nö, bekommt er zur Antwort, Wuschelbirne.
Na toll, denke ich, wenn mich demnächst irgendwer fragt, was ich da für einen Haarschnitt
habe, sage ich Wuschelbirne. Da nimmt mich doch niemand mehr ernst. Das ist jetzt aber
zweitrangig, viel wichtiger ist, dass ich mich wieder wohlfühle. Lange Haare und lange
Fingernägel sind einfach nicht mein Ding.
Als ich mir einmal anlässlich einer Halloween-Party von meinem Mann lange schwarz
lackierte Fingernägel habe ankleben lassen, konnte ich mich im Auto auf dem Weg zur Party
nicht einmal selbst anschnallen, sondern musste mir helfen lassen.
Lange Haare schränken mich zwar nicht so stark ein, sind mir aber lästig. So habe ich sie
schon zwei Mal bis auf wenige Millimeter abrasiert, weil ich das so praktisch fand.
Beim ersten Mal hatte ich aufgrund der Renovierung meiner Wohnung Farbe und Zementstaub
im Haar. Alles abzuschneiden schien mir da eine gute Idee zu sein.
Warum ich die Prozedur später noch einmal wiederholt habe,
weiß ich ehrlich gesagt gar nicht mehr.
Ich kann da nur Vermutungen anstellen ...
Jedenfalls finde ich so einen Kahlkopf extrem
praktisch. Das sprichwörtliche Haar in der Suppe
wird es dann auf keinen Fall geben - die Köchin
hat ja keine. Mein Mann findet das doof.
Mit einer Glatze ist er nicht einverstanden.
Mit einem Kurzhaarschnitt kann er sich gerade
noch arrangieren. Möglicherweise liegt das daran,
dass sein Haar inzwischen schon etwas schütter
wird und er nicht ständig vor Augen haben möchte,
was ihm bevorsteht. Eins ist nämlich klar: Bevor mein
Mann überhaupt grau werden kann wie ich, wird er
kahl. Da muss er den Tatsachen ins Auge sehen.
Ich werde also, stellvertretend für ihn zukünftig mit
einer - möglichst kurzen - Wuschelbirne herumlaufen.
Und alles, was meine Friseurin abgeschnitten hat wird an
strategisch geeigneter Stelle im Garten deponiert. Schließlich wird es Frühling, der Nestbau
beginnt und die Vögel, die dort wohnen, benötigen Baumaterial.
Murks attacks!
Mein Mann und ich albern herum.
Wir versuchen, uns gegenseitig mit "vermurksten" Film- und Serientiteln zu übertrumpfen. Es fallen Titel wie: "Star Murks" - "Der Murks war ihr Schicksal" – "Murks on Wheels“ – "Iron Murks" –
"Die Spur des Murks" - "Murks Clan" – "Murksboy und die kochende Armee" – "Ein Fressen für die
Murkser" - "Murks langsam" – "Die Murksverschwörung" – "Der dritte Murks" – "Murksgeflüster" -
"Spiel mir das Lied vom Murks"“ - "The Walking Murks" - "Murks unchained" ...
Wobei es eigentlich bei den englischsprachigen Titeln nicht Murks, sondern Botch heißen müsste.
Wir sind uns aber einig, dass das irgendwie doof klingt ... "The Walking Botch", och nö.
Wir lachen uns schlapp, während wir in unserem Gedächtnis nach weiteren Titeln buddeln, die
wir uns gegenseitig zum Erraten des Originals an den Kopf werfen.
Hoffentlich sieht und hört uns niemand. Schließlich haben wir beide zusammen gerechnet über
ein Jahrhundert auf dem Buckel und benehmen uns gerade wie Kleinkinder.
Unser Schlagabtausch geht noch eine ganze Weile weiter, bis mein Mann einen Titel ankündigt,
der, wie er sagt, gar nicht komisch ist. Und damit hat er Recht.
"M – eine Stadt sucht einen Murks".
Stimmt, sage ich, das können wir nicht machen.
Der ist wirklich nicht komisch. Schlagartig sind wir
wieder ernst und benehmen uns unserem Alter
entsprechend.
Trotzdem, der Ausflug in die Albernheit hat Spaß
gemacht. Und nicht nur das.
Unser Ratespiel hat mich auch auf neue Ideen
gebracht.
Ich finde nämlich Titel wie "Murks im Orient-Express"
oder "Der Murks, der aus der Kälte kam" bieten
Potenzial für Rezepte.
Es ist schließlich so, wie mein Mann sagt:
"Murks ist ihr Hobby".
Da begebe ich mich doch gleich zu meinem "Murksort" ...
Illustration unter Verwendung von Grafiken von stux/Pixabay und aommaneesri/Shutterstock
Der Zwiebelkuchen - oder ein Update für meinen Mann
Mein Mann bringt "Zwiebelkuchen" mit nach Hause. Eine Kollegin hatte selbigen zur Arbeit
mitgebracht, weil es für sie alleine zu viel war. Hergestellt hatte den Kuchen aber ihr Mann.
Das macht er öfter. Die Arbeitskollegin meines Mannes wünscht sich "Zwiebelkuchen" und ihr
Mann macht ihr welchen. Und das, obwohl er selbst den gar nicht isst. WOW!
Ob sie mir ihren Mann mal borgen würde? Wohl eher nicht.
Meine Freundin K. wollte mir ihren Mann T. auch nicht ausleihen. Schade, der bügelt nämlich.
Und zwar nicht nur seine eigenen Hemden. Wenn er schon mal dabei ist, bügelt er die Blusen
seiner Frau gleich mit. Noch mal WOW!
Weil ich T. nicht ausleihen durfte, habe ich mir einen gekauft - einen elektrischen T.
Nüchternere Leute als ich würden das Ding als Bügelpuppe bezeichnen. Für mich ist "e. T.",
wie ich das Teil nenne ein guter Ersatz für eine zweibeinige Bügelkraft - effektiv und
idiotensicher zu bedienen.
Ein Gerät, das "Zwiebelkuchen" produziert, habe ich allerdings noch nicht gefunden.
Das Rezept für den wirklich leckeren Kuchen habe ich aber schon erhalten – zusammen mit
der Erlaubnis, es ins "Murksbuch 2.0" aufnehmen zu dürfen.
Das ist doch eine schöne Erweiterung des Klassiker-Kapitels *.
Jetzt muss ich nur noch eine Möglichkeit finden, wie ich meinen Mann ein Update verpassen
kann.
Der Mann seiner Kollegin ist bereits in Rente und hat offenbar Zeit genug, seine Frau auf
Wunsch, mit "Zwiebelkuchen" zu verwöhnen. Ob das bei meinem Mann auch klappt? Dass er,
sobald er freie Zeitkapazitäten hat, "Zwiebelkuchen" und andere Leckereien sozusagen auf
Knopfdruck für mich zubereitet? Irgendwie erscheint mir das zu schön,
um wahr zu sein.
Bei Autos wirkt das so einfach. Die lassen sich pimpen oder nachträglich
umrüsten, damit sie komfortabler oder umweltfreundlicher werden.
So ein paar Zusatzfunktionen würden auch gut zu meinem Mann
passen, finde ich.
Bisher beschränken sich seine Fertigkeiten überwiegend
auf´s Saubermachen. Er ist zuständig für den
Staubsauger, den Geschirrspüler, die Badewanne,
die Fenster, das Dach, die Kaffeemaschine, die
Mülltonne, den Gartenschlauch ...
Okay, ich denke, noch ist er ausgelastet.
Ich werde den Zwiebelkuchen daher erst einmal
selbst zubereiten.
Aber wenn er in Rente geht ... dann werden wir das
neu verhandeln!
Die Fliege
Eigentlich wollte ich heute ein wenig im Garten arbeiten. Nun macht mir aber das Wetter
einen Strich durch die Rechnung. Es regnet nämlich.
Das ist einerseits gut für die Natur, zu der ich auch
meinen Garten zähle, aber doof für mich, weil ich
jetzt Leerlauf habe. Zu tun habe ich genug. Aber
auf das, was ich zu tun habe - drinnen- habe ich
keine Lust. Ich will raus! Das geht jetzt aber nicht.
Also sitze ich am Fenster und gucke dem Regen zu.
Mein Mann kommt vorbei und verwuschelt meine
Frisur. Er fragt mich, ob ich an einer Geschichte
tüftle. Nee, sage ich. Soll ich denn? Klar, sagt er,
schreib´ doch mal wieder über mich.
Mach´ ich doch glatt. Das hat er jetzt davon.
Mein Mann ist nämlich eine meiner besten
Inspirationsquellen. Ob das daran liegt, dass ich ihn
jeden Tag sehe oder ob die Ursachen eher in seiner
Persönlichkeit liegen – ich weiß es nicht.
Allerdings vermute ich Letzteres. Wer außer ihm
geht denn schon mit Brille unter die Dusche?
Ohne seine Brille ist er blind wie der sprichwörtliche Maulwurf. Da sich jetzt zu seiner
Kurzsichtigkeit auch noch die Alterssichtigkeit gesellt und er regelmäßig seine Lesebrille
irgendwo liegen lässt und nicht zur Hand hat, wenn er sie benötigt, sind bizarre Situationen
vorprogrammiert.
Dass er nicht ganz sauberes Geschirr in den Schrank räumt, weil ihm nicht aufgefallen ist,
dass da noch Restbestände vom letzten Mittagessen dran kleben, ist inzwischen an der
Tagesordnung. Es kommt aber noch schlimmer. Sogar richtig gruselig, wie ich finde.
Okay, es braucht nicht viel, damit ich mich grusele. Und manchmal ist das mit dem Grusel ja
auch sehr unterhaltsam. Ich denke da an eine der Verfilmungen von „Die Fliege“.
Durch die Kombination von menschlicher und Fliegen-DNA erhält der Hauptdarsteller des
Films geradezu unheimliche Fähigkeiten. Der kann so gut gucken, dem entgeht nichts.
Schmutziges Geschirr würde der nicht in den Schrank räumen ...
Aber wie ich meinen Mann kenne, wäre ausgerechnet er eine kurzsichtige Fliege.
Ich frage mich manchmal, ob er auch im Schlaf kurzsichtig ist und verschwommen träumt.
Wundern würde es mich nicht so vage, wie er sich dazu äußert.
Letztens hat er sogar den Stiel vom Spitzpaprika mitgegessen, den ich nur zur Dekoration
dran gelassen hatte. Er hätte ihn nicht gesehen, sagt er.
Den Mann sollte man wirklich nicht alleine lassen. Nicht auszudenken, was da so alles
passieren kann. Zum Glück hat er gute Freunde, die ausgezeichnet gucken können und ihn
vor dem Schlimmsten bewahren.
Als er bei schönem Wetter mit seinem Freund K. in einem Restaurant auf der Terrasse saß,
hielt dieser ihn davon ab, das vermeintliche Basilikumblatt - oder was auch immer mein
Mann meinte, auf dem Teller vor sich zu haben - zu essen.
Es handelte sich nämlich um eine Fliege.
Du bist, was Du isst. Huh, jetzt bekomme ich eine Gänsehaut ...
Illustration unter Verwendung eines Fotos von WagnerAnne/Pixabay
Ist das ansteckend?
Bereits seit einiger Zeit werfe ich meinem Mann seine Schusseligkeit und Vergesslichkeit vor. Jetzt ist es bei mir so weit. Mein Hirn löst sich auf!
Als mein Mann und ich letztens im Garten saßen und es etwas Kühler wurde, bat ich ihn auf seinem Weg ins Haus, mir meinen Fleece-Pulli mitzubringen, wenn er zurück kommt.
Er kam natürlich ohne zurück. Bevor ich ihn allerdings wieder mit seiner Vergesslichkeit aufziehen konnte, berichtete er detailliert, wie er sogar mit der Taschenlampe auf die Suche nach dem Pulli gegangen war. Gefunden hatte er ihn aber trotz intensiver Bemühungen nicht.
Konnte er auch gar nicht.
Wie ich kurz darauf feststellte, als ich die Waschmaschine ausräumte und daran ging, die Wäsche aufzuhängen, fiel mir der vermisste Fleece-Pulli in die Hände – au weia.
Schon vor einigen Monaten verlegte ich eine Geldbörse. Gefunden habe ich sie dann durch Zufall auf dem Dachboden.
Jetzt ist auch noch ein kleines Stück vegane Suçuk verschwunden. Ich kann mich noch daran erinnern wie ich Scheiben davon abgeschnitten habe, um für Hülk "Flammkuchen Istanbul" * zuzubereiten. Den Rest habe ich in eine Frischhaltebox verfrachtet und dann … dann herrscht finsterste Schwärze in meinem Kopf. Ich kann mich einfach nicht erinnern, was ich anschließend damit angestellt habe. Das ist jetzt schon ein paar Tage her, aber die Box ist nicht wieder aufgetaucht. Dabei habe ich schon überall gesucht. Sogar in den Küchenschubladen, im Backofen, im Mülleimer …
In meiner Verzweiflung wandte ich mich per WhatsApp an Illo in der Hoffnung, dass sie das Behältnis eingesteckt haben könnte. Fehlanzeige. Allerdings tröstete sie mich mit den Worten, dass ihr das auch so gehe. Vor ungefähr einer Woche habe Hülk eine Vase weggeräumt und sie hätte absolut keine Chance, sie wiederzufinden. Womit wir wieder Mal beim Thema Männer waren. Schließlich gipfelte ihr Versuch, mich aufzumuntern im Vorschlag, eine Geschichte
daraus zu machen.
Jetzt redet sie schon wie ihr Bruder, der auch überall Stoff für
eine Geschichte wittert und überhaupt hilft mir das jetzt auch
nicht weiter.
Um den veganen Wurstzipfel geht es mir ja gar nicht. Ich mache
mir aber wirklich Sorgen um meine geistige Gesundheit. Ob das
erste Anzeichen des Alterns sind? Ist das stressbedingt?
Oder ist die Vergesslichkeit, die mein Mann an den Tag legt,
etwa ansteckend? So in der Art, wie sich Hund und Hundehalter
einander immer ähnlicher werden?
Hilfe! Wie war doch gleich die Nummer vom Krisentelefon?
Wahrscheinlich finde ich den Wurstzipfel irgendwann im
Kleiderschrank zwischen meinen Socken.
Die Sättigungsbeilage - oder politisch unkorrekte
Völkerverständigung
Die Wiedervereinigung der beiden Hälften Deutschlands, die im
Jahr 1989 ihren Anfang nahm, hat unter anderem für die Entstehung
neuer Begriffe gesorgt. Worte wie "Wessi", "Ossi", "Besserwessi" und
viele andere existierten vorher nicht.
Auch wurde man ständig gefragt, wo man denn herkäme.
Das war damals völlig normal und ich habe nicht bemerkt, dass
irgendjemand daran Anstoß genommen hätte. Die Frage hatte
nämlich einen ganz pragmatischen Hintergrund.
Bestimmte Begriffe, wie zum Beispiel "Sättigungsbeilage" gab´s
nämlich nur im Osten. Im Westen konnte man damit nichts
anfangen.
Wenn also Leute, die sich nicht kannten, aufeinander trafen, wurde
erst einmal die Herkunft geklärt, damit im Bedarfsfall die Bedeutung unbekannter Worte
erläutert werden konnte. Und dann ging die Völkerverständigung los.
Heute - Jahrzehnte später - wäre die Frage nach der Herkunft ausgesprochen brisant. Sie würde
bestimmt Leute auf den Plan rufen, die einen rassistischen oder diskriminierenden Hintergrund
darin sehen.
So farbige Formulierungen wie zum Beispiel: Das kommt mir spanisch vor, polnische Reparatur,
red´ ich etwa chinesisch?, das sieht ja russisch aus, die deutsche Bürokratie, so schnell schießen
die Preußen nicht oder sogar: Das Ding ist getürkt, können ganz schnell falsch aufgefasst
werden. Schade eigentlich.
Ich erinnere mich gerne an die satirische Kurzgeschichte „Getürkte Weihnacht“ von Osman Engin
und die Vorstellung, dass ich künftig zum Lachen in den Keller gehen soll, behagt mir gar nicht.
Und wenn ich mir dann auch noch vergegenwärtige, dass wir Deutschen in Finnland alle
Sachsen sind ... Okay, die schreiben das anders, nämlich "s a k s a". Das ist finnisch für deutsch,
aber trotzdem ...
Das zahle ich ihnen heim, den Finnen. Ich benenne einfach den
letzten Rest "wilden Osten", der in meinem Garten noch existiert,
in "Klein-Finnland" um. Schließlich gibt´s da dickere Mücken als
am Inarisee und außerdem ich habe dort bereits mehrfach einen
bebrillten Zwerg-Troll gesichtet.
Der heißt Gino und ich bin mit ihm verheiratet.
Gino ist "ossimiliert" und liebt "Soljanka". Als wir auf einem unserer
Ausflüge einen Imbiss zu uns nehmen wollten, war er ganz traurig,
dass die nicht auf der Speisekarte des kleinen Wirtshauses
stand, das wir aufgesucht hatten.
Unsere Gastgeberin war hocherfreut und bot ihm "Soljanka" aus
ihrem privaten Kochtopf an.
"Operation Völkerverständigung" erfolgreich!
Komm´ zur Sache, Schätzchen
Geduld gehört nicht zu meinen Tugenden. Ich weiß nicht einmal, ob ich überhaupt welche habe.
Ich bin ungeduldig – extrem!
Wenn ich eine Idee habe – und das kommt häufig vor – möchte ich sie am liebsten sofort und auf der Stelle umsetzen.
Mein Mann ist da viel langsamer. Der Kerl ist so umständlich, drückt sich so verquer aus, dass ich manchmal einfach nicht verstehe, was er meint. Mein Mann, der Diplomat.
Während er auf Umwegen zum Ziel gelangen will, steuere ich lieber frontal darauf zu. Dabei geht schon mal etwas zu Bruch. Deshalb habe ich mir überlegt, es doch einmal mit einem diplomatischen Ansatz zu versuchen.
Ausprobiert habe ich meinen Ausflug in die Diplomatie an meinem Mann. Er war gerade zur Hand und ich bin ja schließlich ungeduldig. Außerdem dachte ich mir, er als Fachmann für Diplomatie kann mir dann gleich ein paar Tipps geben, mir bei der Fehlerbereinigung helfen, sozusagen.
Ich versuche also meinem Mann auf diplomatisch die Meinung zu sagen.
Er versteht mich nicht. Also hole ich doch wieder den Hammer raus.
Warum hast Du das denn nicht gleich gesagt?, fragt er mich.
Ich lerne eine Fremdsprache, antworte ich, Diplomatie.
Damit hat er nicht gerechnet. Das müsse er erst einmal übersetzen,
meint er.
Dann kann ich es ja auch bleiben lassen, denke ich. Macht sowieso
nicht so viel Spaß.
Okay, sage ich zu meinem Mann. Dann sage ich also künftig,
wenn Du einen Vorschlag machst, nicht, dass ich ihn in Erwägung
ziehen und darüber nachdenken werde, sondern ich sage wie bisher:
Du hast einen Vorschlag gemacht.
Gut.
Dann schlage ich mal zurück …
Die Wurst im Wasserglas
Mein Mann war empört. Er hatte sein Wasserglas in der Küche
neben der Spüle abgestellt und setzte an, daraus zu trinken, als er
unerwartete Geschmacksnuancen wahrnahm. Es schwamm ein
kleines Stückchen Suçuk darin umher.
Sein verblüffter Gesichtsausdruck, seine gerechte Empörung und
seine Ratlosigkeit waren so komisch, dass ich ihm nicht antworten
konnte, so sehr musste ich lachen. Auch nachdem ich mich
wieder beruhigt hatte, bin ich ihm eine Antwort schuldig geblieben.
Schließlich sollte er mir in der Küche helfen, nicht mit dem
Staubsauger auf die Jagd nach Wurstfetzen gehen.
Er äußerte dann auch gleich den Verdacht, dass er wahrscheinlich in nicht allzu ferner Zukunft
darüber lesen würde.
Daher schreibe ich diese Geschichte jetzt für ihn und lüfte das Geheimnis um die Wurst im
Wasserglas.
Wir treten uns ja meistens gegenseitig auf die Füße, deshalb kochen wir in der Regel nicht
gemeinsam. Es sei denn, es gibt etwas zu braten, was mein Mann einfach besser als ich
hinbekommt.
Auch wenn es sehr viel zu tun gibt, weil Gäste kommen oder die Zubereitung aufwendig ist und
viel Zeit benötigt, nehme ich seine Hilfe in Anspruch. Daher stand mein Mann auch diesmal
neben mir in der Küche und rollte den Nudelteig für "Türkische Elche" * aus, während ich mit der Füllung beschäftigt war.
Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen hatte ich für das Pürieren der Bestandteile, die die
Füllung für die Elche bilden sollten, nicht das hohe Gefäß gewählt, welches ich sonst immer
verwende, sondern eine flachere Schüssel.
Keine gute Idee. Der Stabmixer wirbelte Stücke von Spitzpaprika und Suçuk auf, dass sie in der
Küche umherflogen wie wilde Hummeln. Eigentlich war ich überzeugt, alles eingesammelt zu
haben. Aber da hatte ich mich offenbar geirrt.
Ich mag mir gar nicht vorstellen, in welchen schwer zugänglichen, versteckten Ecken ich künftig
wohl noch auf weitere Relikte unserer gemeinsamen Essenszubereitung stoßen werde.
Da kann ich nur hoffen, dass sie bis dahin mumifiziert sind.
Der Gartenfutzi
Guck mal, da hängt ein Bild von Dir, sage ich zu meinem Mann.
Wir machen einen Kurzurlaub in einem hübschen kleinen Ort im
mittleren Brandenburg.
Mit seinem Kopfsteinpflaster, den kleinen Häusern und schmalen
Gassen wirkt er geradezu mediterran.
Abgestiegen sind wir in einem winzigen Hotel, dessen
Gästezimmer und Speiseraum liebevoll gestaltet und dekoriert
sind. Zum Frühstück bekommen wir sogar gekochte Eier, auf die
jemand mit Bleistift lachende Gesichter gezeichnet hat.
Wir fühlen uns wohl – wie zu Hause. Und dann hängt da noch
dieses Bild an der Wand. Es ist eine Zeichnung. Sie heißt
„Gartenfutzi“. Jedenfalls steht das drauf.
Ich erkenne darin sofort meinen Mann. Er braucht dafür etwas
länger, wie meistens … Er ist nämlich ein Spätentwickler, wollte
nie einen Garten, war ein typisches Stadtkind. Igitt, Natur!
Und jetzt … jetzt bekommt er gar nicht genug vom Gärtnern. Er kramt und buddelt draußen
umher, als gäb´s kein Morgen.
Ihren Anfang nahm seine Leidenschaft für Chlorophyll in einem winzigen Schrebergarten.
Den hatte er mir zuliebe erworben, weil zu unserer damaligen Wohnung nicht einmal ein Balkon gehörte und ich so gerne Grünzeug um mich herum habe.
Inzwischen wohnen wir in einem kleinen Hexenhäuschen mit einem gar nicht so kleinen Garten drum herum. Es handelt sich dabei um einen Dschungel im Kleinformat, den wir Baliwerder nennen. Denn auch wenn unsere Pflanzen nichts Exotisches an sich haben, sie wachsen wie bescheuert und in heißen Sommern fühlen wir uns wie in den Tropen. Dabei haben wir nicht einmal Palmen. Das sollten wir aber vielleicht ändern. Es gibt tatsächlich welche, die in unseren Breitengraden winterhart sind. Und so, wie sich das Klima verändert …
Palmen würden mir schon gefallen. Und dann noch ein paar Zwergkamele oder Alpakas oder Mini-Elefanten …
Ich sehe meine Nachbarn schon Schnappatmung bekommen. Ihr Garten ist nämlich der Gegenentwurf zu unserem und sehr … nun ich sage mal: übersichtlich.
Die Chlorophyllinfektion ist offenbar im Gegensatz zu Corona wählerisch und befällt nicht jeden.
Herr Bedenkenträger und Frau Nö
Wir sind schon ein komisches Gespann, mein Mann und ich. Entweder sind wir unumstritten
einer Meinung oder völlig konträr. Dazwischen gibt es keine
Abstufungen. Es heißt bei uns immer: entweder oder.
Mein Mann kann in seinen Ausführungen sehr
weitschweifig werden. Dann sage ich immer zu ihm,
er solle doch bitte mal auf den Punkt kommen.
Seine Ausführlichkeit scheint zwar auf mich abzufärben,
trotzdem ist es mir kurz und knapp lieber.
Wenn ich mit einem seiner Vorschläge nicht einverstanden
bin, sage ich meistens nur „Nö“.
Er hingegen erklärt erst einmal seine Beweggründe, die ihn zu der Entscheidung gebracht haben, meinen Vorstoß abzulehnen. Deshalb nenne ich in den Herrn Bedenkenträger.
Ich habe nämlich ständig irgendwelche Ideen. Mein Mann erläutert mir dann meistens, warum er davon nichts hält. Oder er der Auffassung ist, die Idee sei nicht umsetzbar. Oder der zu investierende Aufwand an Zeit und Geld sei ihm zu hoch, oder was auch immer.
Ganz der umsichtige, vorausschauende Bedenkenträger. Dann geht es in die Diskussion und
was am Ende dabei herauskommt, ist meistens gar kein Kompromiss, sondern die für uns perfekte Lösung. Irgendwie schaffen wir es meistens, eine gemeinsame Schnittmenge zu finden und auf dieser Grundlage etwas Neues zu entwickeln.
Manchmal verstehen wir uns aber auch komplett falsch. Das liegt wahrscheinlich daran, dass
ich manchmal auch etwas ausführlich drauf bin, während er ab und zu die Lust am Diskutieren verliert und urplötzlich kurz angebunden ist.
Ich denke da an die Sache mit der Kaffeemühle. Da hätte er wirklich etwas ausführlicher sein können. Wir diskutierten nämlich, ob wir uns eine Kaffeemühle anschaffen sollten, um unsere Bohnen selbst zu mahlen. Das war lange vor dem Erwerb unserer Barista-Dampfmaschine. Natürlich waren wir wieder einmal gegenteiliger Meinung. Allerdings haben wir jeweils so überzeugend argumentiert, dass wir uns gegenseitig von unserer jeweiligen Meinung überzeugten. Ich vertrat jetzt die ursprüngliche Position meines Mannes und er meine. Blöderweise hat er sich gerade da kurz gefasst und ich bekam seinen Meinungsumschwung nicht mit. Als ich am nächsten Tag freudestrahlend mit einer elektrischen Kaffeemühle nach Hause kam, fragte er mich ganz verblüfft, was wir damit sollen, ich hätte ihn schließlich überzeugt, dass wir keine bräuchten …
Inzwischen ist viel Wasser den Berg runtergeflossen, viel hat sich verändert und jetzt benötigen, besitzen und benutzen wir tatsächlich eine. Das heißt, mein Mann benutzt sie. Ich bestelle ja
nur den Kaffee bei ihm.
Gerade hat er mir wieder eine Tasse zu meinem alten Deckchair
in den Garten gebracht, wo ich sitze und schreibe. Dabei habe
ich gar nichts gesagt.
Toller Service.
Manchmal verstehen sich Herr Bedenkenträger und Frau Nö
auch ohne Worte.
Mit Volldampf Voraus
Auf dem Gelände des Bahnbetriebswerks
Schöneweide in Berlin finden regelmäßig
Veranstaltungen rund um die Eisenbahn
statt. Es gibt hier unter anderem eine
Menge Lokomotiven zu bestaunen.
Meinem Mann und mir haben es am
meisten die alten Dampfloks angetan
angetan und natürlich der MITROPA-
Waggon.
Als wir bei einem unserer Besuche an
diesem Bordrestaurant vorbeikamen,
stand auf der zetrampelten Wiese davor
ein Schild, auf dem die wenigen darin
servierten Menüs aufgelistet waren,
unter anderem „Königsberger Klopse“.
Also alles eher rustikal und bodenständig, so nach dem Motto „Futtern wie bei Muttern“. Nun war ja meine Mutter nicht gerade eine tolle Köchin und meine Erinnerung an „Königsberger Klopse“ ist so lala.
Da wir aber beide hungrig waren, enterten wir MITROPA und bestellten Klopse. Was dann auf schlichten weißen Tellern serviert wurde, sah ganz okay aus. Klopse halt, mit weißer Sauce, Kapern und Kartoffeln.
Während mein Mann bereits lobend über das Essen sprach – genau so hätte es bei seiner Mutter auch geschmeckt – machte mich dies eher noch skeptischer – ich kenne doch meinen Mann …
Aber ich hatte Hunger und dachte mir, da müsse ich jetzt halt durch und forderte mich innerlich selbst auf, nicht so zimperlich zu sein. Ich schob mir den ersten Bissen in den Mund und … Wow – lecker! Jetzt war ich nicht mehr zu bremsen und fiel wie ein ausgehungerter
Löwe über meine Klopse her. Zwischendurch fand ich jedoch noch Zeit - sehr zum Amüsement der Serviererin - mehrmals enthusiastisch zu äußern, dass ich noch nie so leckere „Königsberger Klopse“ gegessen hätte.
Als wir bei der nächsten Veranstaltung im Bahnbetriebswerk erneut dort einkehrten, waren die Klopse ausverkauft! Wir waren zu spät gekommen …
Das wird mir nicht noch einmal passieren! Das nächste Mal schaue ich mir die Loks erst an, nachdem ich die Klopse vertilgt habe. Und wenn ich die Dinger zum Frühstück essen muss!
Heute bin ich doof
An manchen Tagen bin ich doof. Heute ist so ein Tag.
Ich gehe den Leuten in meiner Nähe und mir selbst auf den
Wecker. An allem und jedem finde ich etwas auszusetzen.
Es gibt nichts, wofür ich Interesse aufbringen könnte. Alles ist
doof und ich ganz besonders.
Warum ist das so? Ich grüble darüber nach, finde aber keine
zufriedenstellende Antwort.
Am liebsten würde ich mich ins Bett legen und erst wieder
aufstehen, wenn ich wieder so bin wie sonst: aktiv, neugierig,
optimistisch, kreativ …
Mein Mann findet mich auch doof und geht mir aus dem Weg. Ist auch besser so.
Nein, ist es nicht! Der Kerl soll mich gefälligst dabei unterstützen, aus diesem Sumpf der
Langeweile und Muffeligkeit herauszufinden, in dem ich mich gerade verirrt habe.
Schade, dass ich mir nichts aus Schokolade mache. Die darin enthaltenen Substanzen sollen nämlich gegen das Doof-Sein helfen, den Serotonin-Spiegel anheben und für gute Laune sorgen.
Ich recherchiere im Internet nach Alternativen und lerne nebenher, dass die Schoki-Methode ein
Mythos ist. Viel besser geeignet ist Sonnenschein. Das wär´s doch. Ich radle zum nächsten
Supermarkt und kaufe mir Sonnenstrahlen in Dosen.
Blöde Idee! So etwas Absurdes kann auch nur mir einfallen. Fast muss ich lachen. Aber nur fast.
Schließlich bin ich heute doof. Beinahe Lachen geht ja gar nicht. Das ist nicht konsequent.
Das ist halbherzig. So etwas mache ich nicht.
Ich fürchte, da muss ich jetzt durch. Und alle, die mir über den Weg laufen, auch.
Wo steckt eigentlich mein Mann? Weit und breit ist von ihm nichts zu sehen und zu hören.
Vielleicht hat er sich irgendwo versteckt, um abzuwarten, bis sich die Gewitterwolken über
meinem Kopf verzogen haben. Ich gehe ihn suchen und finde ihn mit einem Computer-Spiel
beschäftigt. Er ärgert sich über einen sogenannten Bug. Seine Figuren laufen gerade alle in
Unterwäsche herum und er hat keine Möglichkeit, ihnen etwas anzuziehen.
Das ist nun wirklich schräg.
Fasziniert frage ich ihn, wie es dazu gekommen ist und er antwortet mir so ausführlich, dass ich
bald schon nicht mehr richtig zuhöre. Was ich stattdessen in meinem Kopf höre, ist Joe Cocker
mit „You can leave your hat on“.
Ich fange an zu grinsen, mache einige Tanzschritte und bin schlagartig wieder gut drauf.
Okay, jetzt weiß ich Bescheid. Wenn ich wieder einmal doof bin, werde ich sofort mit Musik
gegensteuern.
Das Leben ist zu kurz für schlechte Laune!
Mein Mann und Hotte Quark
Mein Mann hat etwas gegen sogenannte Stehrumchen
und Staubfänger.
Konsequenterweise müsste er daher auch Einwände
gegen meine Plüsch-Elefanten haben.
Hat er aber nicht; im Gegenteil. Mein Mann ist ganz
verliebt in den großen Elefanten, dem ich den Namen
Hotte Quark gegeben habe.
Den findet er total knuffig.
Ich habe festgestellt, dass ich ihn geradezu therapeutisch
einsetzen kann. Wenn mein Mann nämlich schlechte
Laune hat oder sich über irgendetwas aufregt, drücke
ich ihm den Elefanten in den Arm und schon beruhigt
er sich wieder.
Hotte Quark muss irgendwelche archaischen Urinstinkte
ansprechen. Anders kann ich mir nicht erklären, dass so
ein bisschen ausgestopfter Plüsch eine dermaßen
durchschlagende Wirkung entfaltet.
Über die Alternative, dass mein Mann auf seine alten Tage möglicherweise weich in der Birne wird, denke ich lieber nicht nach.
... Und bevor hier jemand auf den Gedanken kommt, einen Diskriminierungstatbestand zu unterstellen: Der Text wurde von meinem Mann geprüft und zur Veröffentlichung freigegeben. Seine einzige Bedingung war, dass ich damit warte, bis er in Rente geht.
Wenn's weiter nichts ist ... Jetzt ist es soweit 😉
Die Göttlichen Klöße
Mein Mann und ich gehen essen und bestellen ein klassisches
Wintergericht: Hirschbraten mit Rotkohl und Klößen.
Das Gericht ist exzellent. Aber diese Klöße …
Ich bin hin und weg. Die sind sooo fluffig! Gar nicht wie so manche
Klöße, die ich in der Vergangenheit gegessen habe und die eher die
Konsistenz von Gummibällen aufwiesen.
Ich komme aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Mein Mann
lacht mich aus. Er findet mein Verzückung putzig, aber nachvollziehbar. Er ist sich sicher, das wird wieder eine Geschichte.
Sch… auf die Geschichte sage ich, diese Klöße sind göttlich!
Da ist irgendetwas innen drin, etwas Fluffiges, Cremiges – köstlich.
Ich unternehme den von vornherein zum Scheitern verurteilten Versuch, den Kloß zu analysieren.
Keine Ahnung, was da so alles drin ist.
Meinem Mann ist natürlich nichts dergleichen aufgefallen. Er habe schließlich seine Lesebrille nicht auf, ist seine Ausrede.
Außerdem findet er, dass ich da viel zu analytisch rangehe. Ich solle doch einfach mal unsere Serviererin fragen.
Als sie kommt, um abzuräumen, tue ich das auch. Die Antwort bringt mich leider auch nicht weiter. Offenbar handelt es ich um eine vertrauliche Verschlusssache, ein geheimes Geheimrezept – top secret. Schade.
Beim Dessert grübeln mein Mann und ich, wie Klöße überhaupt zubereitet werden. Wir haben beide keine Ahnung.
Er kennt nur die vorgefertigten, die nur noch in heißes Wasser zu legen und dann aus ihren Beutelchen zu befreien sind.
Nee, sage ich, Plastikklöße will ich nicht. Ich will die echten.
Dann wirst Du wohl recherchieren müssen, sagt mein Mann.
Ja, sage ich, aber selbst wenn ich ein tolles Rezept finde, ich bekomme die nie im Leben so toll hin wie die, die wir gerade gegessen haben.
Quatsch, sagt er, Du bist hartnäckig genug, um so lange herumzuprobieren, bis Du es geschafft hast.
Der Mann hat wirklich eine Menge Vertrauen in meine nicht vorhandenen Fähigkeiten. Aber was soll´s, er wird meine kläglichen Versuche gemeinsam mit mir aufessen müssen. Schaun´ wir mal, wie lange sein Optimismus vorhält.
Bis zum nächsten Winter kann ich ´ne Menge Klöße vermurksen.